Malvasia di Candia Aromatica

Es gibt weiße Rebsorten, die sich am besten für eine klassische Vinifikation (Riesling, Sylvaner, Vernaccia, Pecorino …) eignen. Andere machen sich sowohl mazeriert wie auch sofort abgepresst bestens (Ribolla gialla, Vermentino, Timorasso, Nosiola, Fiano, Garganega…). Dann gibt es noch solche, die erst im Kontakt mit den Schalen ihr wahres Gesicht zeigen (Traminer, Pinot Grigio, Albana, Ansonica, diverse Trebbianospielarten). In die letzte Gruppe gehört auch die Malvasia di Candia Aromatica. Sofort abgepresst ist so spannend ist wie ein Fußballmatch zwischen Parma und Sassuolo, auf der Maische vergoren erinnert sie an Juve gegen Napoli. 

Die Haut der Malvasia die Candia Aromatica ist so dick wie die von einem Flusspferd und deshalb hat die Rebsorte auch Tannine wie ein guter Barolo. Ihre ursprüngliche Heimat dürfte wohl Kreta sein. Von dort ist sie über die Zwischenstation Venedig in den Hügeln rund um Piacenza und Parma gelandet. Sie hat das bezeichnende Synonym Malvasia a Sapore di Moscato, zu Deutsch „Malvasia mit dem Geschmack von Moscato“, was absolut berechtigte Spekulationen darüber zulässt, ob sich die Ampelographen des Mittelalters bei der Sorte nicht in der Zuordnung der Rebfamilie geirrt haben – die tatsächliche Klärung steht noch aus. 

Fakt ist jedoch, dass Weine aus Malvasia di Candia Aromatica zu den spektakulärsten Vertretern der maischevergorenen Stilistik gehören. Intensiv, aber weniger aromatisch als Gewürztraminer oder Moscato bianco hat sie für gewöhnlich neben einer zupackenden, engmaschigen und bündelnden Textur und einer vitalen Säure Honig-, reife gelbe Frucht,  Laub und Kräuter zu bieten. 

Ein Schluck von Giulia Armanis Dinavolo oder Ca’ de Nocis Le Rose erinnert, um auch einmal in Wetterberichten zu sprechen, an einen warmen und sonnigen Oktobertag. Flankiert wird Malvasia di Candia Aromatica oft von Ortrugo, ihrem kongenialen Partner, der ihrer aromatischen Explosion Gelassenheit und Neutralität entgegensetzt, ohne sie jedoch wirklich zähmen zu wollen.