Autochthone Sorten in Italien
Italien ist ein Paradies für all jene, die Lust haben die vorgetretenen Pfade der Weinwelt zu verlassen. Die unzähligen geographischen, geologischen und lokalen Besonderheiten, die sich vom Eisacktal bis nach Marsala auftun, werden von einer unüberschaubaren Bandbreite autochthoner Rebsorten ergänzt, die weltweit einzigartig ist. Schätzungen pendeln zwischen 500 und 800.
Die Beschäftigung vieler italienischer Winzer mit autochthonen Sorten gründet nicht nur in dem Bewusstsein einem kulturellen Auftrag nachzukommen. Sie beruht vor allem auf der Überzeugung aus ihnen Weine keltern zu können, die besser als alle anderen die Beziehung zwischen Geologie, Klima und tradiertem Wissen vermitteln können.
Autochthon ist griechischen Ursprung, wobei man das Präfix „auto“ mit eigen oder unmittelbar übersetzen kann, während kthon ganz einfach Erde bedeutet. Autochthone Sorten verweisen auf ihre Herkunft und erzählen Geschichten, die oft weit in die Vergangenheit zurückreichen. Sie sind tief mit ihrem Ursprungsort verbunden und nur in den seltensten Fällen von ihm zu trennen. An Riesling versuchen sich Winzer weltweit, einzig um dadurch immer wieder aufs Neue den Nachweis zu erbringen, dass er nirgendwo so gut wächst wie an der Mosel. Nebbiolo funktioniert lediglich in Norditalien und auch wenn Sangiovese mittlerweile von Kalifornien bis nach Australien ausgepflanzt wurde, stammen die mit Abstand besten daraus gekelterten Weine aus der Toskana. Und selbst der omnipräsente Chardonnay setzt die Maßstäbe, an denen sich die Weinwelt erfolglos abarbeitet, in seinen eigentlichen Heimat, dem Burgund.
Ein entscheidender Grund dafür ist das Zusammenspiel aus unzähligen natürlichen, den Wein beeinflussenden Komponenten und lokalen Traditionen, die das oft über Jahrhunderte akkumulierte Verständnis für die Eigenheiten der Sorte und ihren Platz im territorialen Ökosystem definiert haben.
Autochthone Sorten sind nicht selten integraler Bestandteil und authentischer Ausdruck regionaler Kulturen und oft nachdrücklich mit den Identitäten der Menschen verknüpft. Ian d’Agata, einer der eloquentesten Rebsortenforscher des Landes und Verfassen des großartigen Buches Native Wine Grapes of Italy verglich die Beschäftigung mit Wein einmal mit einer fortwährenden Reise. Autochthone Sorten gehören dabei oft genug zu den spannendsten Entdeckungen. Sie sind die versteckten Monumente in abgelegenen Gassen, die kleinen, vergessenen Buchten überfüllter Inseln.
Um ihnen auf die Spur zu kommen, muss man gelegentlich die vorgetretenen Pfade verlassen und in entgegengesetzte Richtungen gehen. Wer sie allerdings erstmal gefunden hat, wird immer wieder zu ihnen zurückkehren.
→ alle bei uns gelisteten Winzer beschäftigen sich mit autochthonen Sorten.