Lombardei

Teil 1: Die Franciacorta

Die Franciacorta ist Italiens Spumante-Zentrum. Während im Rest Italiens – sei es nun die Emilia mit Lambrusco oder das Veneto mit Prosecco – hauptsächlich Frizzante produziert wird, setzt man in der Region rund um Brescia auf die Produktion von Schaumweinen, die sich ganz grundsätzlich durch mehr Druck in der Flasche und in der Folge eine intensivere Perlage unterscheiden. 

Spumante wird generell als hochwertiger angesehen, was der Franciacorta – unserer Ansicht in weiten Teilen recht unverdient – den Ruf als italienische Metropole für Edelschaumwein eingebracht hat. Um diesen wenigstens einigermaßen zu rechtfertigen, hat man ein rigoroses Regelwerk umfasst, wobei dieses vor allem die Herstellungsschritte im Keller betrifft. Immerhin hat man sich darin auch dazu durchgerungen, ein allgemeines Herbizidverbot für sämtliche DOCG-Weine zu verankern (wobei – wie so oft in Italien – die besten Winzer*innen dennoch außerhalb der offiziellen Klassifikation arbeiten).

Größere Bedeutung erlangte die gegenwärtige Franciacorta, deren Name sich auf die "Francae Curtes“ – steuerbefreiten Klöstern im Mittelalter – zurückführen lässt, erst in den 1960er Jahren. 1967 erhielt die Region DOC-Status, wobei zu Beginn lediglich 11 Weingüter von diesem Gebrauch machten. Die Tradition der Schaumweinherstellung in der Gegend dürfte es hingegen schon seit dem 16. Jahrhundert geben, also zu einer Zeit, in welcher die Champagne noch weitestgehend von Getreidefeldern überzogen war. Das wichtigste Dokument diesbezüglich ist die 1570 verfasste Schrift „Libellus de vino mordaci“ („Büchlein über den sprudelnden Wein“) von Girolamo Conforti, einem Arzt aus Brescia, der in Maßen genossenem prickelndem Wein „verdauungsfördernde, anregende Eigenschaften zuschrieb“. 

Heute misst die Franciacorta rund 18.000 Hektar, wobei 2.800 davon bepflanzt sind. Vier Rebsorte sind für die Produktion der stets flaschenvergorenen Schaumweine erlaubt, wobei der Fokus ganz eindeutig auf Chardonnay und Pinot Nero liegen, während Pinot Bianco und die autochthone Erbamat nur marginale Bedeutung haben. Die Region selbst kann man grob in zwei völlig heterogene Zonen aufteilen, einen westlichen und einen viel interessanteren östlichen Sektor. 

Der Westen ist geprägt von den Relikten alter Gletscher. Geologisch bedeutet das, dass die Reben hier vor allem in Lehm, Kiesel und Sand wurzeln, was letzten Endes meist relativ weiche und runde Weine ergibt. Die Tendenz der meisten Weingüter ihre Spumante zudem zumindest ein wenig zu dosieren – also den durch das Entfernen des Hefesatzes entstandenen Platz in der Flasche nicht nur durch Wein, sondern auch durch ein Zuckergemisch zu füllen – verstärkt diesen mürben Eindruck noch.

Der Osten ist ganz anders. Hier hinkt der gern verwendete Vergleich mit der Champagne zwar immer noch ein wenig, doch finden sich hier Weingüter (Ca’ del Vent, Divella, Nicola Gatta), die einen solchen jederzeit antreten könnten. Das liegt neben deren individuellen Geschick und der persönlichen Handschrift der Winzer*innen auch an stark kalkhaltigen Böden, die den Weinen im besten Fall eine erstaunliche Straffheit, Mineralität, Präzision und Vertikalität mit auf den Wein geben.

Verstärkt werden diese Komponenten in diversen Gegenden (vor allem rund um Cellatica, Gussago San Martino und Rodengo Saiano) noch durch die wesentlichen größeren Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht und die Höhe diverser Einzellagen. Der Monte Alto, in dem sich ein Teil der Weingärten von Ca’ del Vent (das „Haus des Windes“ – ein Name, der auf einen weiteren wichtigen Faktor verweist) befindet, zieht sich beispielsweise auf bis zu 450 Meter hoch – und liefert dort das Grundmaterial für eine Serie an Spumante, die mit zum Besten gehören, was wir jemals in Sachen Schaumwein im Glas hatten.  

Weine aus der Region

4 Produkte