Freisa

Freisa gehört zu der Handvoll (Grignolino, Ruche, Brachetto…) autochthoner piemontesischer Rebsorten, aus denen man im Idealfall exzellente Weine und im Normalfall immer noch sehr gute Weine keltern kann, die aber im Schatten des Nebbiolo kaum wahrgenommen und in den letzten Jahrzehnten auch nur noch verhältnismäßig selten angepflanzt wurden. 

Erste dokumentarische Erwähnungen finden sich aus dem frühen 16. Jahrhundert in Zollpapieren. Dabei fällt auf, dass die dafür eingehobenen Tarife doppelt so hoch waren wie die anderer Rebsorten. Die daraus gekelterten Weine dürften den Menschen also damals schon geschmeckt haben. Und dass sie auch danach weiterhin hoch im Kurs standen, belegen Stellungnahmen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Ein gewisser Nuvolone meinte, sie wäre eine erstklassige Sorte und der offensichtlich recht euphorische Dichter Goffredo Casalis schrieb von einer „sakralen Tinktur“. 

Bis ins 19. Jahrhundert wurde Freisa quer durchs Piemont und vor allem rund um Asti angebaut. Anders als Nebbiolo, mit dem sie genetisch in einem engen Verwandtschaftsverhältnis steht (Eltern-Kind-Beziehung, wobei nicht klar ist, wer von den beiden welchen Part übernimmt), ist sie eher pflegeleicht und recht produktiv. Ein Umstand, der von vielen Weinbauern entsprechend ausgenutzt wurde. Das führte dazu, dass sukzessive immer belanglosere Freisa produziert wurde und irgendwann die Reputation der Sorte im Eimer war. 

Erst in den letzten Jahren hat man sich wieder auf das Potenzial der Sorte besonnen. Freisa verfügt sowohl über zupackendes Tannin wie auch über eine bestens stützende Säure und eine feine, oft an Erdbeeren (Freisa heißt auf lateinisch Erdbeere) erinnernde Aromatik. Statt sie, wie so oft in den letzten Jahrzehnten als Spumante oder halbtrockenen Billigwein zu vinifizieren, gibt es seit einiger Zeit auch wieder Winzer, die ihren Ertrag reduzieren, sie lange auf den Schalen lassen und ihr lange Ausbauzeiten in großen Holzfässern gönnen (Ian d’Agata, der Verfasser von Native Grapes of Italy meint, dass man sich schwer tut, gute Freisa nach 10-12 Jahren von Nebbiolo zu unterscheiden).  

Guido Zampaglione von der Tenuta Grillo steht paradigmatisch für gewissenhaft vinifizierten Freisa. Er lässt die Schalen über Wochen hinweg in Kontakt mit dem Wein und setzt danach auf Ausbauzeiten, die sich nicht in Jahren, sondern Jahrzehnten bemessen. Die gegenwärtige Version des Pecoranera stammt aus dem Jahr 2004. Sie riecht nach roten Beeren, Fleisch und Leder, verwelkten Blüten, Erde und Unterholz und ist saftig, kraftvoll, pulsierend, dynamisch, kompakt, kompromisslos, rau, wild und ungestüm.