La Possa

Heydi Samuele Bonanini blickt mit seinen Weinen in eine weit vergangene Zeit zurück. Eine Zeit, in der die Bewohner seines Dorfes noch in die Steilhänge der Cinque Terre aufbrachen, um dort alte, fast vergessene Rebsorten zu pflegen, ihre Trauben in der Luft zu trocknen und daraus Sciacchetrà zu keltern. Die Gegenwart sieht anders aus. Der Massentourismus hat Einzug in die Cinque Terre gehalten und bietet den meisten Dorfbewohnern alternative Möglichkeiten, ihr Leben zu gestalten. 

Heydis Entscheidung ein Weingut zu gründen und alte Weingärten zu rekultivieren, fiel folglich aus dem Rahmen. La Possa – der Name ist eine Referenz an die Possaitara, das zum Meer hin abfallende Tal, in dem seine Reben  wurzeln – ist eine Kulturleistung, ein Weckruf, ein Versuch, einer einst großen Weinbauregion wieder Leben einzuhauchen. Man kann sich kaum spektakulärere Weingärten als die in den Cinque Terre vorstellen: oben der Himmel, unten das Meer und dazwischen Klippen und Hänge, in denen sich – extrem dicht gepflanzt – abertausende Rebstöcke wiederfinden. 

Meist ist es uraltes Rebmaterial von freigelegten Mikroflächen, in denen Heydi biologisch zertifiziert wirtschaftet. Die Lese erfolgt aufgrund der Unwegsamkeit des Geländes mithilfe einer Art Zahnradbahn. 

Bosco ist dabei noch seine bekannteste Sorte. Gemeinsam mit der sie perfekt ergänzenden Albarola keltert er daraus den Er Giancu und den Cinque Terre, zwei präzise, glasklare & kräuterige Weißweine, in denen sich am Gaumen das manifestiert, was seine Weine absolut einzigartig macht: Salz. Viel Salz. Das Meer hinterlässt nicht nur im Weißwein seine Spuren. 

Noch ausgeprägter findet es sich im Sciacchetrà, einem Süßwein aus im Wind und in der Sonne getrockneten Boscotrauben, der fast alles, was es in Italien an Süßwein gibt in tiefsten Schatten stellt. Jenseits klassischer Süßweinaromen machen sich im Mund Macchiaaromen, getrocknete Früchte und aufs Neue das Meer breit – sollte man je in die Verlegenheit kommen einem Wein irgendein Punktemaximum geben zu müssen, würde sich der Sciacchetrà von La Possa dafür anbieten.