VENETO

Das Veneto ist in vielerlei Hinsicht groß. Neben Sizilien ist es die größte Weinbauregion Italiens, es veranstaltet die größte Weinmesse des Landes in Verona (Vinitaly) und die beiden größten Naturweinmessen in Cerea und Vicenza, es hat eine immense Dichte an übelsten Massenweinen (Soave, Valpolicella, Gambellara) und eine genauso beeindruckende Dichte an brillanten kleinen Winzern (u.a. ebenfalls in Soave, Valpolicella und Gambellara).

Das Veneto kann man schwer über einen Kamm scheren, eine zentrale Gestalt tut sich aber doch auf: Über Angiolino Maule stolpert man allenthalben, sein Einfluss ist in seiner Heimat Gambellara (wo neben Maule interessanterweise auch Zonin beheimatet ist, das genaue Gegenteil von Maule) genauso spürbar, wie unter den Winzern der Colli Berici und der Monte Lessini, im Prosecco und Soave und letztlich über die Grenzen des Veneto hinaus. Abgesehen davon, dass er mit La Biancara eines der besten Weingüter des Veneto aufgebaut hat und dort vielen jungen, venetischen Weinbauern (u.a. Davide Spillare) die Tür öffnete, um ihnen seine Sicht der Dinge nahezubringen, gründete er mit Vinnatur die vermutlich wichtigste Naturweinbewegung des Landes. 

Dass das Veneto eine immense Zahl an alternativ arbeitenden, handwerklichen Winzerbetrieben hat, liegt aber ganz sicher auch in der wachsenden Opposition der nachhaltig arbeitenden Weinbauern gegenüber der gerade im Veneto überaus massiven Weinindustrie begründet. Kaum eine Region hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte eine üblere Reputation zugezogen als das Veneto. Denkt man an Soave und Gambellara tauchen fast zwangsläufig Gedanken an dünne, fade und charakterlose Weine auf und man vergisst dabei, dass die beiden Regionen noch vor 80 Jahren als das Chablis Italiens gehandelt wurde. Wer heute exzellente Weine für unter 15 Euro haben will, sollte es genau dort, bei kleinen Winzern in den Vulkanhügeln rund um die alte Festungsstadt probieren.. 

Weiter im Süden zeigen kleine Weinbauern in den Colli Berici, was man aus Tokai, Cabernet Franc, Carmenere (die größten Anpflanzungen außerhalb Chiles) und Pinot Bianco alles rausholen kann, die Monte Lessini haben mit der Durella eine fast noch unentdeckte Rebsorte in petto, die sicher ihren Weg machen wird und selbst im Prosecco haben Winzer begonnen, ernsthafte Schaumweine zu produzieren, die viel zu gut sind, um sie mit Aperol zu strecken.

Ziemlich unbeachtet von den Touristen, die Tag für Tag auf dem Weg in die Emilia Romagna oder Toskana an ihnen vorbeifahren, liegen die Colli Euganei direkt neben der Autobahn zwischen Venedig und Bologna und warten darauf entdeckt zu werden. Kaum sonstwo sind die natürlichen Voraussetzungen so spannend wie in den Hügeln westlich von Padua. Dort, wo nicht Vulkangestein das Fundament für die Reben bildet, hat man es mit Kalk zu tun, die Expositionen sind dank der eigenwilligen Topographie extrem unterschiedlich und wer kein Problem mit Merlot hat (seit Generationen die wichtigste Sorte in den Colli), ist in den Colli bestens aufgehoben. Alternativ gibt es einige exzellente Cabernet Franc, Garganega, Tokai und Moscato und ein paar wenige Winzer sind gerade dabei alte lokale Sorten neu auszusetzen (allen voran Nevio Scala).

Und der Amarone? Auch hier weisen kleine Produzenten den Weg und der ist weder süß noch schwer und erschlagend. Im Verbund mit einer Handvoll exzellenter Valpolicella-Versionen schlägt man neue Kapitel auf, in den zumindest versucht wird, langsam auch Herkunft und Rebsorten (und nicht nur dem Weinstil) eine Stimme zu geben. 

→ Davide Spillare

→ Nevio Scala