Malbo Gentile
Malbo Gentile gehört zu der illustren Runde an Rebsorte, die eine Schale haben, die auch als Baumrinde durchgehen könnten. Woher das gentile (freundlich, nett) im Namen stammt, steht in den Sternen, aber es gab ja auch Claudio Gentile (der Eisenfuß von Juventus) und der strafte seinen Namen auch Lügen.
Malbo Gentile ist eine alte Sorte, die doch erst in jüngster Zeit langsam wieder an Popularität gewinnt. Es gibt Aufzeichnungen über ihren Anbau aus dem 18. Jahrhundert, danach verschwand sie jedoch völlig von der Bildfläche. Erst 1960 wurde sie im Istituto di Stato per l’Agricoltora e l’Ambiente in Persolino hinter einem verdreckten alten Schild wiederentdeckt: Darauf stand der Name „Amabile di Genova“ (ein weiterer Euphemismus). Nach genauerer Überprüfung stellte sich heraus, dass es sich dabei um Malbo Gentile handelte. Es vergingen weitere 30 Jahre, ehe man eine erste Vinifikationen mit getrockneten Trauben durchführte und feststellte, dass sich hinter der Sorte nicht nur irreführende Namen sondern auch immenses Potenzial befand.
Danach ging es zwar nicht Schlag auf Schlag, doch fanden sich immerhin eine Handvoll Winzer, die sich an der Rebe probieren wollten und zwar sowohl in der Emilia wie in der Romagna (insgesamt gibt es heute 10 ha, die mit Malbo Gentile bestockt sind).
Dabei stellte sich schnell heraus, dass sich die Rebsorte in den beiden Regionen am Stock völlig unterschiedlich entwickelte. Üppig und dicht in der Emilia, locker und lose in der Romagna.
Zurückzuführen ist das auf die unterschiedlichen Böden, die in der Emilia üppig und fruchtbar und in der Romagna karg und kalkig sind. Resistent und robust ist sie da wie dort. Als es 2002 vom Sommer bis in den Herbst hinein in Strömen regnete, faulten sämtliche Weingärten weg, einzig die mit Malbo bestockten, fühlten sich selbst im Regen wohl.
Neben kräftigem Tannin hat die Rebsorte auch ordentliche Säure und definiert sich vor allem über dunkle Aromen. Die Voraussetzungen für eine große Sorte sind folglich vorhanden, wobei es in letzter Instanz dann vor allem um die Handschrift des Winzers geht. Vergärt man temperaturunkontrolliert und lässt somit eine volle Extraktion der Gerbstoffe zu oder greift man vorsichtshalber ein. Wie lange lässt man den Wein in Kontakt mit den Schalen und welche Gebinde wählt man? Fragen, die glücklicherweise völlig unterschiedlich beantwortet werden, weshalb man sich auch durch eine erstaunliche Bandbreite an Stilen trinken kann. Jenseits reinsortiger Vinifikationen gibt es gerade in der Emilia auch einige exzellente Lambruschi, die durch ein paar Prozent Malbo immens an Struktur, Saftigkeit und Gerbstoff gewinnen.