Nero d'Avola

Es gab Zeiten, in denen Nero d’Avola bei jedem  Lebensmitteltandler, in jeder Tankstelle und jedem Supermarkt zu finden war. Die Flaschen kosteten regulär meistens zwischen vier und fünf Euro, waren aber eigentlich immer fünfzig Prozent reduziert und folglich zwischen zwei und drei Euro zu haben. Das merkte man dann fast zwangsläufig auf den Festen, zu denen man damals ging. Dort bildeten sie die rote Antwort auf die weißen Doppler. Wer die Qual der Wahl und kein Bier hatte, griff nicht selten zum Doppler und machte damit meist keinen Fehler.  Irgendwann hatten das selbst die geeichtesten Billigweintrinker verstanden und Nero d’Avola wanderte aus den Aktionsregalen palettenweise zurück nach Sizilien. Und dort blieb er auch. Damit war es fürs erste vorbei mit dem Boom der Sorte und die Reputation war dermaßen im Eimer, dass man wiederum zwei Jahrzehnte brauchte, um sie wieder einigermaßen geradezubiegen. 

Dass das überhaupt möglich war, lag daran, dass eine Handvoll Winzer die lange ungekannten Seiten der Rebsorte aufdeckten und zeigten, dass sich aus Nero d’Avola auch Weine machen ließen, die elegant, profund und dynamisch erstaunlich präzis von ihrer Herkunft erzählen konnten. 

Dafür musste man nur alles anders machen als in den Jahren davor, vor allem also die Erträge in einem vernünftigen Rahmen halten, reife aber nicht überreife Trauben in den Keller bringen und dort auf die Unzahl an Manipulationsmöglichkeiten verzichten und stattdessen die der Rebsorten immanenten Attribute zum Vorschein bringen. Das ist leichter gesagt als getan, gelingt aber mittlerweile doch immer mehr Winzern.

Da sich Nero d’Avola seit Jahrhunderten überall auf der Insel findet, gibt es in völlig unterschiedlichen Terroirs unzählige Biotypen, mit denen man arbeiten kann. Die ergeben ein beeindruckend vielfältiges Spektrum an Weinen, wobei man vor allem die Versionen rund um Ragusa und Noto und weiter im Westen in der Umgebung von Agrigento probieren sollte. 

Nero d’Avola lässt sich, wie erwähnt, schwer über einen Kamm scheren. Generell haben die aus ihr gekelterten Weine allerdings meist weiche, samtige Tannine und eine erstaunlich lebendige aber doch ausgewogene Säure. Dunkle Frucht, mediterrane Kräuter, süße Gewürze und Pfeffer prägen nicht selten das Aromaprofil.