Carricante


In seinem 1991 erschienenen Wine Atlas of Italy zeigte sich der englischen Weinautor Burton Anderson völlig unbeeindruckt von den damals dahindümpelnden Rotweinen am Ätna. Was er allerdings mochte, waren die, nur schwer zu bekommenden Weißweine vom Vulkan, die entweder zur Gänze oder zumindest hauptanteilig aus Carricante produziert wurden. Auch heute gibt es davon nicht allzu viele – was aber egal ist, da der gegenwärtige Ätna-Hype einzig und allein die Rotweine erfasst zu haben scheint. 

Ganze 146 Hektar oder 0,12 Prozent der sizilianischen Rebfläche sind der Carricante gewidmet. Nachvollziehbar ist das kaum, erinnern die daraus gekelterten Weine doch gleich in mehrfacher Hinsicht an Riesling: Sie sind präzis, straff, mineralisch, haben eine oft krachende Säure, extrem niedrige pH-Werte und klare, allerdings – anders als der Riesling – selten offensiv fruchtige Aromen. 

Sie reifen blendend und werden dabei immer komplexer. Anders als viele deutsche Riesling-Winzer gewähren die wenigen italienischen Carricante-Winzer ihrer Rebsorte allerdings keine Restzuckerkonzessionen und lassen einen biologischen Säureabbau zu, um die aus ihr produzierten Weine einen Tick zugänglicher zu machen.

Carricante wächst ausschließlich an den Hängen des Ätna und zwar in Höhen, wo den roten Sorten langsam die Luft ausgeht. Auf bisweilen über 1000 Metern ist die Lese naturgemäß eher spät, was den Reben freilich die Möglichkeit gibt, ihre Trauben perfekt auszureifen. Carricante wurde früher ganz gerne auch mit anderen, meist autochthonen Sorten (vorzugsweise Minella) vom Ätna cuvetiert, mittlerweile tendieren die meisten Winzer jedoch dazu, ihr ganz exklusiv die Bühne zu überlassen.