Georg Schmelzer
Gols - Burgenland
Georg Schmelzer ist ein Mann der Experimente und der Empirie. Lehrmeinungen hinterfragt er grundsätzlich, der Zeitgeist ist ihm egal. So kommen Jahr für Jahr Weine in die Flasche, die ganz deutlich seine Handschrift tragen und dabei doch auch von Gols und dem Neusiedlersee erzählen.
Georg Schmelzer ist ein Mann der Experimente und der Empirie. Lehrmeinungen hinterfragt er grundsätzlich, der Zeitgeist ist ihm egal. Beispiele dafür ziehen sich fast durch sein ganzes Winzerleben. Eine Ausnahme bildeten die Anfänge, als er gerade einmal 17 Jahre alt - von einem Tag auf den anderen - das Weingut an der Golser Ortsgrenze übernehmen musste und versuchte, dem Hof wirtschaftlich eine solide Basis zu geben. Anfänge lassen keinen Raum für Experimente – bilden aber oft Fundamente für künftige Projekte, denen er sich schon bald widmen sollte. 1987 war er einer der ersten, der sich ein paar Barriquefässer in den Keller legte und Cabernet Sauvignon auspflanzte – anders als die meisten Golser Winzer erwärmte er sich nie wirklich für die Filigranität und Subtilität, die synonym für das Burgund und Pinot Noir stehen. Cabernet Sauvignon ist seine Sorte, auch wenn er weiß, dass es alljährlich ein Pokerspiel ist, sie reif in die Flasche zu kriegen. Mehr als 3000 Kilo pro Hektar liest er davon selbst in den besten Jahren nicht, weshalb er sie auch nur in den seltensten Fällen reinsortig ausbaut.
Die Affinität für expressive Weine mag auch ein Grund dafür gewesen sein, warum er einige Jahre später einen Teil seiner Parzellen mit Rösler (eine interspezifische und pilzwiderstandsfähige Kreuzung aus Zweigelt x Klosterneuburger 1189-9-77) bestockte. Intensiv und dunkel, mit Gerbstoff² hat Rösler durchaus stilistische Ähnlichkeiten mit Cabernet S. und eignet sich auch bestens für langjährigen Barriqueausbau. Parallel dazu kümmerte er sich um seine Zweigelt-Weingärten – bis heute seine wichtigste rote Sorte – und pflegt dabei eine Meinung, die sich bestens für eine Diskussionsrunde mit Kollegen eignen würde. Seiner Ansicht nach intensivieren Weine ihre Komplexität, wenn sie nicht von einer einzelnen Lage, sondern aus einer Vielzahl unterschiedlicher Weingärten stammen.
Im Jahr 2007 folgte eine weitere Zäsur, die vielleicht wichtigste in Schmelzers persönlicher Geschichte als Winzer. Damals beschloss er auf biodynamische Bewirtschaftung umzustellen und seinen bisherigen Ansatz nochmals neu zu überdenken. Er begann nicht nur die klassischen Präparate auszubringen, er wollte einfach ein noch besserer und bewussterer Weinbauer werden.
Streift man heute durch einen seiner Weingärten, bewegt man sich durch ein erstaunlich diverses Biotop. Auch in der Erde spielt sich das pralle Leben ab, sodass man insgesamt das Gefühl hat, es tatsächlich mit sich im Gleichgewicht befindlicher Natur zu tun zu haben.
Im Keller lässt er seinen Weinen alle Freiheiten. Wobei seine Welt nicht nur rot ist: 55% seiner Weine sind weiß. Auch mit ihnen geht er seit langer Zeit eigene Wege – so lässt er seine weiße Trauben nach der Lese seit nunmehr gut 25 Jahren für knapp einen Tag auf der Maische und keltert deshalb seit langem Weißweine mit einer feinen aber spürbaren Gerbstoffstruktur. Die Avantgarde seiner Weißweine bilden zwei Interpretation, die unter dem Seriennamen „Schlicht & Ergreifend“ zeigen, was passiert, wenn man im Keller Wein einfach nur noch werden lässt. Ein rotes Duo mit denselben Intentionen beeindruckt unter dem Namen „Zauber des Verzichts“. Mittlerweile praktiziert Georg Schmelzer allerdings auch bei seinen vermeintlich klassischen Weinen eine Hands-Off-Herangehensweise und keltert so, Jahr für Jahr, immer dynamischere, gehaltvollere, und tiefgründigere Weine.