Monte dall'Ora
Carlo Venturini und Alessandra Zantadeschi haben zwar beide einen ländlichen Familienhintergrund, verfolgten jedoch in der Stadt über viele Jahre völlig andere Karrieren. Vor einigen Jahren zogen sie wieder aufs Land, mit der Intention authentische und gleichzeitig oppositionelle Weine (das Valpolicella ist mit wenigen Ausnahmen Weinindustriegebiet) zu keltern.
Der Berg, der Carlo damals für ihr großes Projekt angeboten wurde, der Monte dall’Ora, war derartig verwildert, dass er einige Skrupel hatte, ihn Alessandra überhaupt zu zeigen. Alessandra hatte hingegen keine Skrupel, ihn für gut zu befinden. Daraufhin dauerte es zwei Jahre, um die Weingärten und die Steinmauern wieder instandzusetzen.
Monte dall’Ora ist heute ein prachtvolles Amphitheater, das auf Kalk gebaut, die ganze Bandbreite der Rebsorten des Valpolicella beherbergt: Corvina und Corvinone sowieso aber auch Molinara, Rondinella, Dindarella, Oseletta, die sich in unterschiedlicher Zusammensetzung aber immer als Cuvée in ihren Weinen wiederfinden. Die Bewirtschaftung war anfangs biologisch und ist heute biodynamisch. Ziel ist es sich und den Reben ein gesundes und vitales Ambiente zu bieten: Die Stöcke sind oft mehrere Jahrzehnte alt und werden in der für die Region klassischen Pergola Veronese erzogen.
Der wichtigste und auch gewichtigste Wein im Sortiment der beiden ist klarerweise ihr Amarone Stropa. Für die luftgetrockneten Trauben verwendete man im Valpolicella früher die luftigsten Plätze der Weingüter und während man heute vielerorts auf Ventilatoren setzt, halten Carlo und Alessandra an der Tradition fest. Gegen Weihnachten, also nach rund drei Monaten „appassimento“ wird vergoren und was dabei passiert, ist relativ schwer zu verstehen.
Der durch die Trocknung aufkonzentrierte Zuckergehalt in den Trauben wird sukzessive in Alkohol umgewandelt. 16% und mehr sind dabei gang und gäbe. Kein optimales Terrain für natürliche Hefe, die ihre Tätigkeit normalerweise bei 15% einstellen. Nicht so im Valpolicella – Grund dafür ist ein Hefestamm, der angeblich nur in seinen Hügeln beheimatet ist und den Wein komplett durchgären lässt.
So großartig der Amarone auch sein mag, Alleinstellungsstatus genießt Monte dall’Ora vor allem auch wegen der Qualität seiner Valpolicella und des Ripasso. Anders als so oft in der Region betrachten Alessandra und Carlo diese nicht als fünftes Rad am Wagen, sondern als besondere Herausforderungen, denen speziell im Weingarten die gleiche Aufmerksamkeit wie dem Amarone zukommt. Der Saseti stammt von teils fantastisch gelegenen Parzellen rund um das Weingut in San Cariano. Die Trauben des legendären Camporenzo kommen aus einer Einzellage, die größtenteils auf Kalk basiert und dem Wein – der stets ein paar Minuten Luft braucht, um zur Hochform aufzulaufen – Elan, Vitalität und Zug mit auf den Weg gibt. Der Saustò wiederum durchläuft – wie beim Ripasso üblich – eine Zweitgärung, bei der dem Wein die Schalen des Recioto (des in minimalen Mengen hergestellten Süßweins) hinzugefügt werden und der die Kraft und Energie des Amarone mit der lebhaften Spannung des Valpolicella kombiniert.