Tenuta Grillo
Guido Zampagliones Weine blättern Kapitel in der Geschichte des Basso Monferrato auf, die möglicherweise schon vor vielen Jahrzehnten geschrieben wurden. Kompakt und oft auch widerspenstig verweigern sie sich gerne heraufbeschworenen aromatischen Sortentypizitäten und lassen dafür – erdig, fleischig und von Kräutern getragen – die Region und ihre Traditionen zu Wort kommen.
Guido Zampaglione stammt ursprünglich aus Kampanien und alle paar Wochen kehrt er auch dorthin zurück – beziehungsweise immer dann, wenn er denkt, dass ihn sein Weingarten braucht, aus dessen Trauben er den Montemattino, einen der besten Fianos des Landes, keltert. Den Rest der Zeit verbringt er acht Autostunden entfernt im Basso Monferrato, bewirtschaftet dort die Tenuta Grillo und produziert ein Quartett an Weinen, das eigenständig und kompromisslos, sensorische Bilder eines vergangenen Piemonts evoziert: Robuste, dichtgewobenene, kräftige Interpretationen, meilenweit entfernt von den infantilen und weichgespülten Weinen, die sich selbst im lange bäuerlich geprägten Südpiemont in den letzten Jahrzehnten vervielfacht haben.
Die ersten Jahre
Schon Guidos Vater kelterte Wein, trank ihn danach aber meist selbst oder mit Freunden, da Weizen sein eigentliches Geschäft war. Die Familie der Mutter hingegen produzierte tatsächlich Wein. Dort lernte Guido, wie man es nicht macht, meint allerdings, dass das ähnlich wichtig war wie seine Lehrjahre bei La Stoppa, Elena Pantaleonis Kultweingut in den Hügeln südlich von Piacenza. Die Zeit mit ihr und Giulio Armani, dem Kellermeister und mittlerweile auch Eigentümer der Azienda Denavolo, öffnete ihm neue Welten und prägte folglich auch seine Herangehensweise im Weingarten wie im Keller. Schon 2003, im ersten Jahr der Tenuta Grillo, stellte er folglich die von ihm erworbenen aber einst konventionell bearbeiteten Rebflächen auf biologische Bewirtschaftung um und lernte akribisch seine Gegend, seine Reben und Böden kennen. Insgesamt 17 sandige, stark kalkhaltige und auf einem Plateau gelegene Hektar, die größtenteils mit Barbera, Dolcetto, Freisa und Cortese, den klassischen Sorten des Monferrato bestockt waren (und sind).
Das Spiel mit den Schalen
Guido liest seine Trauben spät, der Ertrag ist gering und was in den Keller kommt, ist makellos und reif. Sollte es auch sein, denn was danach passiert, tut man mit möglichst perfektem Material. Er mazeriert seine Trauben, rot wie weiß, ohne Temperaturkontrolle und das für mindestens 30 Tage, manchmal aber auch für ein paar Wochen länger. Diesen extremen, aber letztlich der Region und seinen Traditionen geschuldeten Ansatz verfolgt er seit nunmehr 15 Jahren und zwar in fester Überzeugung. Zum einen möchte er so die Essenz aus den Trauben holen, denn die sitzt, nicht nur seiner Meinung nach, in der Schale, zum anderen bietet eine lange Mazerationszeit einen natürlichen Oxidationsschutz und somit ein perfektes Fundament für eine nicht-invasive Vinifikation.
Nach dem Pressen werden die Weine in große Holzfässer verfrachtet und bleiben dort für Jahre auf der Feinhefe, ehe sie gefüllt, über eine Zeitspanne von zwei bis zehn Jahren, in der Flasche weiterreifen.
Guido Zampagliones Weine blättern Kapitel in der Geschichte des Basso Monferrato auf, die möglicherweise schon vor vielen Jahrzehnen geschrieben wurden. Kompakt und oft auch widerspenstig verweigern sie sich gerne heraufbeschworenen aromatischen Sortentypizitäten und lassen dafür – erdig, fleischig und von Kräutern getragen – die Region und ihre Traditionen zu Wort kommen.
Ps: Diese letzten Sätze lassen sich eins zu eins auf die Situation rund um Avellino in Kampanien übertragen – auch dort liefert Guido Zampaglione mit dem Montemattino und dem Sancho Panza (früher war er gemeinsam mit seinem Onkel für den legendären Don Chisciotte verantwortlich) dynamische, erfrischende und authentische Gegenentwürfe zu den oft akklamierten aber charakterlosen und beliebigen Fianos, deren immenses Potenzial in hochgerüsteten Kellern meist erst weggeschönt und danach auch noch weggeschwefelt und weggefiltert wird.