Modena: Kapitale des Lambrusco – Infos & Tipps

Modena: Kapitale des Lambrusco – Infos & Tipps

So wichtig das im letzten Newsletter vorgestellte Reggio Emilia für erstklassigen roten Sprudel sein mag, ist und bleibt doch Modena und seine unmittelbare Umgebung das unumschränkte Epizentrum für Lambrusco. Dabei differenziert man drei sich deutlich voneinander unterscheidende Zonen: die Poebene, die sich – schwül und heiß – nördlich von Modena in Richtung des großen Flusses erstreckt; die Sphäre der Hügel, die südlich der Stadt über sanfte Hänge langsam in den Apennin übergeht und das Gebirge selbst, in dem sich heute jedoch nur noch vereinzelt Weingärten und kaum noch hauptberufliche Winzer finden.

Die Poebene der Emilia ist eine Welt für sich. Drückend und stickig im Sommer, feucht und neblig im Winter bietet sie im Grunde genommen wenig Anreize sich in ihr niederzulassen. Und doch sind ihre von unzähligen Kanälen durchzogenen Landstriche seit Urzeiten bewohnt und ihre Menschen von einer starken und eigenwilligen Identität geformt. Einst ausschließlich von Aktivitäten direkt am Fluss und der Landwirtschaft geprägt, haben sich ab den 1950er-Jahren zunehmend auch Industrien in ihr niedergelassen. Tourismus spielt, abgesehen von einigen Städten, keine Rolle, Wein hingegen schon.

Lambrusco Sorbara: Tonangebend sind in der Ebene zwei Lambruscosorten. Da ist zum einen der hochspannende Lambrusco di Sorbara, dessen Hauptanbaugebiet sich zwischen den beiden Po-Nebenflüssen Secchia und Panaro größtenteils auf Schwemmlandböden und Sand befindet. Sorbara reift spät und ergibt sehr helle, fast rosafarbene Weine. Diese sind eher mineralisch und floral als fruchtbetont und schießen mit ihrer knackigen Säure ordentlich Energie durch die Adern. Die Sorte gilt als herausfordernd, hat aber, weiß man mit ihr umzugehen, unglaublich viel zu bieten. Gianluca Bergianti gehört zu ihren großen Interpreten. 

Lambrusco Salamino di Santa Croce: Gianluca beschäftigt sich zudem mit der zweiten wichtigen Rebsorte der Ebene, dem Lambrusco Salamino di Santa Croce, dessen kurze und zylindrische Traubenform ein paar Bauern (oder Ampelographen) an eine Salami erinnerten – womit sein etymologisches Schicksal besiegelt war. Salamino ist im Weingarten unkompliziert und recht generös, weshalb er bei Weinbauern recht beliebt ist. Stolze 4000 Hektar Reben gibt es davon, meist in Sand, Schlick oder Lehm wurzelnd. Richtig gute finden sich allerdings wenige. Seriöser Salamino stammt von stark ertragsreduzierten Reben aus biologisch kultivierten Weingärten, ist in der Flasche vergoren und suggeriert rote Beeren und Blüten sowie eine etwas weichere Textur als Lambrusco aus Sorbara. 

Lambrusco Grasparossa: Südlich der Stadt steigt das Terrain langsam an und geht in Castelvetro di Modena in erste Hügel über. Auch wenn es gerade einmal 30 Kilometer zu den großen Sorbara- und Salaminorebflächen sind, findet sich von diesen beiden Rebsorten hier kaum eine Spur. Die Hügel sind vor allem das Reich des Lambrusco Grasparossa, der aufgrund seiner Herkunft auch Lambrusco di Castelvetro genannt wird. Er reift früher und hat etwas losere Beeren, unterscheidet sich aber vor allem dank seines präsenten Tannins, der tiefdunklen Farbe und der intensiven Fruchtaromen von den zuvor erwähnten Lambruscos. Max Brondolo von der Podere Sottoilnoce widmet ihr keine reinsortige Interpretation, im Saldalama darf sie allerdings die Hauptrolle einnehmen.

Der große Rest: In den Parzellen von Max finden sich auch noch eine Menge weiterer Rebsorten. Im Confine – einem aus 12 Sorten bestehenden Schaumwein aus einem steinalten Weingarten – zollt er ihnen Tribut. Außerdem gibt es reinsortige Abfüllungen wie den Trifalco aus der extrem raren Rebsorte Lambrusco di Fiorano oder die exzellente weiße Sprudelcuvée Valtiberia aus Trebbiano Modenese (der als Weißweinrebsorte ziemlich unterschätzen Protagonistin im Aceto Balsamico di Modena) und der sensationellen, völlig unbekannten Trebbiano di Spagna – einer saftigen, profunden und vielschichtigen Varietät, die unserer Ansicht nach zu den besten weißen Sorten Norditaliens gehört (sobald der Fùnambol von Sottoilnoce wieder auf Lager ist, schicken wir eine Benachrichtigung aus).  

Essen & Trinken in Modena: Wer sich in Sachen Lambrusco genauer und vor Ort informieren will, sollte also unbedingt in Modena Station machen. Die Innenstadt ist klein aber sympathisch, der romanische Dom der vielleicht schönste seiner Zeit. Enzo Ferrari wird natürlich an allen Ecken und Enden gewürdigt, während dem großen Lambruscoliebhaber Luciano Pavarotti immerhin ein Theater und eine Statue gewidmet sind. 

Abends lohnt es sich in den Stallo del Pomodoro am Largo Hannover einzukehren. Die Küche ist exzellent, die Weinkarte ein Sammelsurium bester Naturweine aus der Emilia und dem Rest Italiens und der Schanigarten vor der Osteria ruhig und schattig.

Ähnlich gut essen und trinken lässt es sich im Ristretto im Vicolo Coccapani 5, wenn auch in einer dezent höheren Preisklasse.

Wer eher Lust auf Kleinigkeiten hat und den Schwerpunkt auf den Wein legen will, ist im Alvinelli, direkt im Mercato Albinelli – dem großen überdachten Markt Modenas – bestens aufgehoben. Die Auswahl an Naturweinen ist so groß wie gut, das Personal so freundlich wie kompetent.

Hochklassig und recht international, mit einer feinen Champagnerauswahl geht es im Archer in der Via Cesare Battisti zur Sache.

Wem einzig und allein nach Trinken zumute ist, dem sei die Enoteca Molto in der Via Gallucci 1 ans Herz gelegt.


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